Oberförster Grau (1731 bis 1823)

Adolph Grau wurde 1731 in Kirchditmold geboren und arbeitete dort lange Zeit als Oberförster. Er starb circa 1823. Schon sein Vater war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts landgräflicher Förster und Oberförster zu Kirchditmold. Der Amtssitz war die 1689 erbaute Oberförsterei in der Zentgrafenstraße 156. Das Gebäude existiert heute noch.

Adolph erhielt schon früh eine Jägerausbildung, deren Kosten Landgraf Wilhelm VIII. übernahm. Er heiratete eine Tochter des Försters Leonhard Böttiger, der Amtsnachfolger seines Vaters war. Das war zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs, und er mußte mit dem hessischen Jägerkorps ins Feld ziehen und seine Frau bei deren Eltern zurücklassen. Danach war er Forstadjunkt bei seinem Schwiegervater Böttiger. Nach dessen Tod wurde er 1784 sein Nachfolger, Oberförster zu Kirchditmold und auch landgräflicher Büchsenspanner.

Franzosenherrschaft (1807 bis 1813)

Während der Franzosenherrschaft nahm Adolph Graus Sohn 1809 am Dörnbergschen Aufstand teil, wurde ins Kastell gesperrt und sollte erschossen werden. Man ließ Grau wissen, dass sein Sohn freikommen könnte, wenn er beim Franzosen Jérôme Bonaparte (König Lustig) um Gnade für ihn bäte. Dazu war der alte Hesse jedoch nicht zu bewegen. Seine Tochter, die Schwester des Inhaftierten, erreichte durch einen Kniefall vor der Königin aber schließlich doch noch die Freilassung.

„Ein Freudentag für den alten Grau war, als die Franzosen 1813 vertrieben waren und Kurfürst Wilhelm I. wieder nach Kassel zurückkehrte. Das Wiedersehen beider alter Herren war ein tief bewegtes, und bei der Erwähnung der großen Verwüstungen, welche die hessischen Wälder durch die Franzosen erlitten hatten, traten beiden die Tränen in die Augen. Adolph Grau überreichte dem Kurfürsten bei dieser Gelegenheit eine von dessen Großvater, Landgraf Wilhelm VIII., selbst gedrechselte und seinem damaligen Leibbüchsenspanner geschenkte Schnupftabaksdose und erhielt seinerseits, als Anerkennung seiner langen, treuen Dienste, eine an blauem Band zu tragende Verdienstmedaille, die erste Auszeichnung dieser Art für einen hessischen Förster.“

Anekdote von einer Hofjagd im Habichtswald

Der Maler Adolf Müller-Cassel, Ururenkel Adolph Graus, erzählte über diesen folgende Geschichte, „die er noch von seinem Großvater gehört hatte, der wiederum seinen Großvater, den alten Grau, noch erlebt hatte“:

Es war Hofjagd im Habichtswald und der Oberförster Grau hatte den Auftrag, einen verspäteten Jagdgast an einer bestimmten Stelle im Wald zu erwarten. Er sollte ihn bei sich behalten, bis das erste Treiben zu Ende war, um ihn dann der anderen Jagdgesellschaft zuzuführen.

Als der Erwartete auftauchte, wurde er von Grau mit den Worten empfangen: ,Hä soll hier bie mä bliewen. Mä stehen hier auf einem verlorenen Posten. Zu schießen gewets hier nix, aber jetzt is so minne Friehstickszit, un ich hale gerne Ordnung. Hä duhd doch mit?‘

Die Antwort: ,Nein, ich danke, ich frühstücke jetzt nicht.‘

,Na, so läßt hä’s bliewen; aber Bescheid died hä mä doch‘, sagte der Alte, wobei er eine ansehnliche Flasche aus dem Ranzen nahm.

Auch diesmal lehnte der Angesprochene ab. Es sollte noch schlimmer kommen. Auf die Aufforderung: ,Awer eine stoppen wird hä sich doch?‘ hieß es: ,Ich danke, ich rauche nicht.‘

Das ging dem Alten doch über die Hutschnur, und er machte sich mit den Worten Luft: ,Was is hä dann for einer?! Hä is jo schlimmer wie en Pärekedel (Pferdeapfel); der rauched doch wenigstens!‘

In diesem Augenblick erscholl das Halali, und beide begaben sich zum Rendezvous, wo das Jagdfrühstück stattfinden sollte. Sehr erstaunt war der Oberförster, als sein Schützling zuvorkommend begrüßt und ihm an der Tafel im Wald ein Platz neben dem Landgrafen angewiesen wurde. Der Jagdgast, der dem Alten so wenig imponiert hatte, war kein anderer als der preußische Gesandte.“

Quellen

• Leonhard Müller: Der alte Förster Grau, aus einer Familienchronik. (1876, Zeitschrift „Die Grenzboten“), PDF
Kassel Wiki über Adolph Grau
• Wolfgang Hermsdorff: Müller-Cassel Meister der Idylle. Ein Blick zurück Nr. 1056, Hess. Allgemeine v. 11. 8. 1984.
• Wolfgang Hermsdorff: Anekdotenumrankt: Der alte Förster Grau. Ein Blick zurück Nr. 1140, Hess. Allgemeine v. 7. 6. 1986.