„Kassels erste Grüne“ (Mosthof, HNA, 1981)

Unter dieser Überschrift erschien vor 40 Jahren ein wunderbarer Artikel über die „Märchenwelt am Mosthof“ in der HNA. Auf der Mosthof-Spezialseite gibt es mehr über die Erinnerungen von früheren Besuchern, das Leben und Wirken Adolf Zeilingers und Kassels erste Waschbären.

Der Mosthof

Lieber Himmel, was für eine Märchenwelt! Das kleine grüne Holzhaus zwischen den meterhohen Erlen, Fichten und Birken, die kleine Quelle, die über das Grundstück sprudelt und zum Wassertreten einlädt, die sattgrüne Wiese, eingerahmt von einem wahren Blütenmeer aus Sonnen- und Glockenblumen, Margeriten und Rosen. Dazwischen auf alten schmiedeeisernen Gartenstühlen sich ausruhende Wanderer, die Familie beim Nachmittagsausflug, spielende Kinder. Sitzt man hier auf der kleinen Lichtung im Habichtswald, fallen einem die Märchen der Brüder Grimm ein. Nun, sieben Berge müssen nicht überklommen werden, um zu einer Kasseler Attraktion besonderer Art zu gelangen. Aber auch heute würde wohl niemand erstaunt sein, wenn am Holztor Schneewittchen auf den Besucher warten würde, derweil die sieben Zwerge eifrig Samen aus den Sonnenblumen sammeln.

Ein Paar Stunden auf dem Mosthof im Habichtswald, da lässt man die Seele baumeln: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Wer hier weggeht, ist glücklich. Das ist keine übertriebene Selbstbeweihräucherung der Mosthof-Wirte Adolf und Tilli Zeilinger, sondern — nach einer oder zwei Stunden Aufenthalt in dem Stück bundesdeutscher heiler Welt — für den Betrachter eine Tatsache. Man weiß natürlich, das Wort „Grüne“ hat nach der jüngsten Entwicklung einheimischer Politik geradezu provozierende Dimensionen. Aber die Vermutung liegt nahe: Die Zeilingers, das waren und sind Kassels erste Grüne. Weiterlesen „„Kassels erste Grüne“ (Mosthof, HNA, 1981)“

„Familien können Kaffee kochen“

(Copyright Ekkehart Bippig, 2006, Autor)

Selbstverständlich , so denkt man heute, können Familien Kaffee kochen. Gibt es doch die diversesten Maschinen oder Filtersysteme um das köstliche Getränk zuzubereiten. Auch mangelt es nicht an Kaffeesorten und Vorschlägen für eine genussvolle Geschmacksverfeinerung. In coffee shops bedarf es schon eines gewissen Sachverstandes, um aus der Karte für „heiße Getränke“ die individuelle Auswahl zu treffen.

Vor 50 oder 100 Jahren kam dem Satz aber eine ganz andere Bedeutung zu. In einem Restaurationsbetrieb, der das Schild „Familien können Kaffee kochen“ am Eingang ausgehängt hatte, konnten Familien ein Tütchen mit gemahlenem Malz- oder Bohnenkaffeepulver abgeben, das obendrein noch mit dem Namen des Gastes beschriftet war, damit wollte man gewährleisten, seinen eigenen Kaffee zu trinken und keinen „Familienverschnitt“. In der Gastwirtschaftsküche wurde dann das Pulver mit kochendem Wasser aufgebrüht und in großen Kannen zu den Gästen gebracht. Dabei war es wichtig, dass die beschriftete Tüte zwecks Identifizierung aus dem Ausgießer der Kanne herausschaute. Für den Service wurden den Gästen 10 Pfennige in Rechnung gestellt. In den Jahren der Weltwirtschaftskrise änderten sich die Beträge jedoch oftmals täglich. Bei diesen Preisen mussten die Gastwirte ihren Verdienst durch Kuchenverkauf und den Ausschank von Bier und Spirituosen unbedingt aufbessern.

Das „Jägerhaus“ an der Rasenallee war seinerzeit ein bekanntes und beliebtes Ausflugslokal. Man erreichte es zu Fuß von Harleshausen aus oder nach einer Wanderung von der Hessenschanze, der Endhaltestelle der Straßenbahn. Erst in den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts begann auch der motorisierte Ausflugsverkehr eine Rolle zu spielen. Weiterlesen „„Familien können Kaffee kochen““